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Heisser Herbst


Die Wahlen im kommenden Herbst werden mancherorts für rote Köpfe sorgen. Ein Grund dafür dürfte die Klimadebatte sein. Aber nicht nur.
Die vergangenen kantonalen Wahlen deuten darauf hin, dass sich auch für die nationalen Wahlen im Herbst einige Veränderungen ergeben könnten. Die seit diesem Winter verstärkt geführte Klimadebatte hat bereits in mehreren Kantonen ihren Niederschlag gefunden. Gewinner waren die Grünen, Grünliberalen und – in bescheidenerem Ausmass – auch die SP. Auf der Verliererseite standen die SVP, die FDP und die CVP. Die Frage ist: Hält sich das Thema bis zu den nationalen Wahlen? Oder wird es von einem anderen wieder in den Hintergrund gedrängt? Und vor allem: Was taugen die Rezepte der Parteien im Umgang mit den ökologischen Fragestellungen?

Gewinner in der Mitte
Die zweifellos grösste Veränderung der Ausrichtung hat die FDP gerade vollzogen. Deren Präsidentin wagte angesichts der jüngsten Resultate einen mutigen Schritt und wurde von ihrer Basis dabei relativ klar unterstützt. Die Beteuerungen, die FDP sei schon immer auch eine liberale Öko-Partei gewesen, wirken zwar noch etwas gekünstelt. Aber immerhin wird die Bundeshausfraktion schon in der Herbstsession und damit noch rechtzeitig vor den Wahlen den Beweis antreten können, dass sie in ökologischen Fragen eine neue Ausrichtung gefunden hat. Und nicht nur die Medien, sondern auch die anderen Parteien werden jede Regung mit Argusaugen verfolgen. Ob die Stimmberechtigten diesen Kurswechsel aber ebenfalls goutieren und die FDP den Shift zu den Grünliberalen aufhalten kann, wird am Schluss wohl zur Schicksalsfrage für die Präsidentin werden.

Betont locker geben sich nach den kantonalen Urnengängen die Grünliberalen. Sie gehören zu den grossen Gewinnern und können – zumindest im Moment – der nationalen Wahl gelassen entgegenblicken. Zudem verfügen sie über zahlreiche jugendlich-intellektuell wirkende Kandidierende, die vor allem ein urbanes Publikum ansprechen werden. Der Mix ökologisch-liberal verfängt dort gut, zumindest auf der Stufe Kanton. Bei den nationalen Wahlen dürfte aber für die GLP auch die europapolitische Ausrichtung mehr zu reden geben. Dieses Thema fand in den Kantonen kaum Beachtung, wird aber auf nationaler Ebene einen grösseren Einfluss auf das Resultat haben und könnte sich als Bremse für den Aufstieg erweisen.

Links entscheiden Nuancen

Nachdem die ökologische Dürreperiode überwunden scheint, versuchen sich SP und Grüne nicht mehr in den typisch linken Themen gegenseitig zu überbieten. Neu dreht sich die Frage darum: Wer hat’s erfunden? Die SP nimmt für sich in Anspruch, die wahren Gralshüter grüner Themen zu sein. Die Grünen wiederum meinen, nur dank ihnen sei auch die SP ein bisschen grün geworden. So oder so unterscheiden sich die beiden nur in Nuancen – in den Städten sind sie schon länger eine unzertrennliche Allianz eingegangen. Als Stolperstein für die SP könnte sich aber der kräftige Linksdrall der letzten Jahre erweisen. Manch altgedienter Genosse könnte sich die letzten Abgänger zum Vorbild nehmen und still und leise eine andere Liste einlegen.

Die CVP hat sich schon immer als äusserst agile Partei gezeigt. Ausserdem erlaubt ihr das breite Spektrum ihrer kantonalen Sektionen praktisch für jede Fragestellung eine Allzweckwaffe aus dem Hut zu zaubern. Ihr dürfte jedoch auch bei den nationalen Wahlen zum Verhängnis werden, dass sie es in den vergangenen vier Jahren verpasst hat, ihr Profil zu schärfen. Das könnte sich in einem polarisierten Umfeld rächen.

Gegen den Mainstream
Bleibt schliesslich die SVP. Sie ist im Kern geblieben wie sie schon immer war. Während andere den aktuellen Stimmungen ausgeliefert sind (oder sich freiwillig ausliefern), bewegt sich die Bauern- und Gewerbepartei einfach nicht. Sie prangert an, zweifelt an, tritt dagegen an, stellt sich als einzige Verfechterin einer freien Schweiz dar. Klimawandel? Fehlanzeige! Alles nur linker Umverteilungswahn. Schlicht: Unfug. Sie schafft sich damit erneut ein Alleinstellungsmerkmal und könnte so zum Auffangbecken all jener werden, die keine Veränderung wollen und unzufrieden sind. Ob diese bisher bewährte Strategie auch 2019 aufgehen wird, ist schwer zu sagen. Denn auch in der SVP ist manchem die Scholle näher, als die Hochfinanz. Das Logo der Partei ist also nicht umsonst grün mit einer strahlenden Sonne.
Veröffentlicht am 01. Juli 2019 von Martin Arnold
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