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Mehrwert­ausgleichsgesetz – ein Hosenlupf unter Zeitdruck


Regierung und Parlament stehen unter erheblichem Zeitdruck, wenn auch im Kanton Zürich das Mehrwertausgleichsgesetz rechtzeitig in Kraft treten soll.

Mit der Revision des Raumplanungsgesetzes (RPG) wurde schweizweit auch die Einführung einer Mehrwertabgabe auf Einzonungen beschlossen. Die Kantone sind nun gefordert, die entsprechenden Gesetze zur Umsetzung der nationalen Mindestvorgabe zu erlassen. Zeit bleibt noch bis Ende April 2019.

Im Kanton Zürich hat man sich für die Erarbeitung einer Vorlage viel Zeit gelassen. Nachdem das RPG bereits im Mai 2014 in Kraft getreten ist, brauchte es im Kanton fast vier Jahre, bis das Gesetz zur Beratung ans Parlament überwiesen worden ist. Vor dem Hintergrund, dass die Vernehmlassung sehr kontrovers ausgefallen war, ist dies nicht erstaunlich. So gingen die Forderungen von der minimalen Umsetzung lediglich der Bundesvorgaben bis hin zu massiven Abschöpfungsgelüsten. Herausgekommen ist schliesslich eine etwas halbherzige Vorlage, die sowohl bei Neueinzonungen als auch bei Aufzonungen eine eher bescheidene Abgabe vorsieht. Erschwert wird die Lage durch eine Volksinitiative, die ein «gemeindeverträgliches» Mehrwertausgleichsgesetz (MAG) fordert. Darin werden von linken Kreisen mehrheitlich die Forderungen der Gemeinden und Städte aufgenommen und sorgen damit für eine eigenartige Konstellation.

Wo liegen nun aber die Streitpunkte? Erster Punkt ist die Höhe der Abgabe. Vor dem Hintergrund der Volksinitiative ist hier ein Kompromiss zu suchen, der einerseits für Investoren und Private nicht prohibitiv hoch ist, anderseits den berechtigten Anliegen der Gemeinden aber nachkommt. Eine Obergrenze von 40% für Ein- und Aufzonungen könnte ein Kompromiss sein. Zweiter Punkt ist die Zulassung von städtebaulichen Verträgen. Sowohl aus Sicht der Investoren wie auch der Kommunen sollte dieses Instrument zur Verfügung stehen. Damit ist es in vielen Fällen möglich, Lösungen zu finden, die für beide Seiten einen Mehrwert bringen. Um den Vertrag aber nicht zu einem Instrument für die Durchsetzung überbordender Forderungen entarten zu lassen, darf der Abschöpfungssatz nicht zu hoch ausfallen. Der Investor soll also zwischen dem Vertrag und einer begrenzten Abgeltung wählen können. Sonst könnte die Verlockung zu gross sein, den städtebaulichen Vertrag als Druckmittel bis über die Schmerzgrenze von Investoren hinaus zu verwenden.

Drittens schliesslich wird es darum gehen, wie die abgeschöpften Mittel verwendet werden sollen. Ein kantonaler Fonds für den Ausgleich bei Auszonungen müsste im Kanton Zürich wohl nicht sehr oft angezapft werden. Der Kanton war und ist sehr restriktiv bei der Genehmigung von Einzonungen. Entsprechend klein sind die Baulandreserven und wird damit der Mittelbedarf für Auszonungen sein. Die Gelder sollten deshalb dort landen, wo sie auch tatsächlich benötigt werden: in den Gemeinden und Städten. Diese müssen schliesslich den grössten Teil der Infrastruktur bereitstellen. Und weil die Abschöpfung als Gewinnungskosten bei der Grundstückgewinnsteuer angerechnet werden können, soll die Mittelverwendung nicht zu stark eingeschränkt werden. Sonst droht sich eine neue Front gegen das MAG zu öffnen.

Neben all diesen eher technischen Fragen, gibt es aber noch ein strategisches Thema, das nicht ausser Acht gelassen werden darf. Vom Bund und vom Kanton gibt es klare Vorstellungen, wie das Wachstum in der Schweiz baulich umgesetzt werden soll. Das Zauberwort heisst: Verdichtung nach innen. Schlussendlich sind es aber die Stimmberechtigten und die Parlamente der Gemeinden und Städte, welche über die Bau- und Zonenordnungen entscheiden. Vielerorts besteht noch ein erhebliches Potenzial zur inneren Verdichtung aufgrund der gültigen Ordnung. Ist diese aber einmal aufgebraucht, werden genau diese Stimmberechtigten und Parlamente über Massnahmen zur Verdichtung bestimmen. Und diese werden einer Ein- oder Aufzonung nicht zustimmen, ohne einen realen Gegenwert zu erhalten. Diese Tatsache spricht wiederum dafür, mehr als das absolute Minimum abzuschöpfen und das Geld dort zu belassen, wo für die Stimmberechtigten ein Gegenwert für Verdichtung geschaffen werden kann.

Es scheint deshalb dringend nötig, dass sich die besonnenen Kräfte in dieser Frage zusammenraufen und einen Kompromiss schmieden. Dabei ist weniger entscheidend, ob der Termin des Bundes eingehalten werden kann. Viel wichtiger ist ein Mehrwertausgleichsgesetz, das auch die verschiedenen Interessen einigermassen ausgeglichen berücksichtigt und in einer Abstimmung auch eine Mehrheit findet.

Veröffentlicht am 05. Oktober 2018 von Martin Arnold
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